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Bad Homburg setzt jetzt auch auf Erzieherinnen aus Südamerika
Aktuelles – 30.03.2023

Bad Homburg setzt jetzt auch auf Erzieherinnen aus Südamerika

Neue Wege um dem pädagogischen Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
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#badhomburg

Bad Homburg. Die kommunalen Arbeitgeber suchen nach wie vor händeringend nach Erzieherinnen und Erziehern. Die Stadt Bad Homburg v. d. Höhe hat daher bei der Suche nach Personal für ihre Kindertagesstätten schon vor längerem einen neuen Weg eingeschlagen und den Blick auch über die Landesgrenzen hinaus ausgeweitet. Aktuell arbeiten bereits sechs Erzieherinnen aus Spanien für die Stadt. In einem nächsten Schritt hat die Verwaltung in Zusammenarbeit mit dem Frankfurter Personaldienstleister TalentOrange GmbH im Rahmen ihrer internationalen Fachkräfte-Offensive auch vier Erzieherinnen aus Südamerika eingestellt - weitere sollen folgen.

 

Gerade in Hessen besteht nach wie vor ein großer Bedarf an qualifiziertem pädagogischen Fachpersonal für Kindertageseinrichtungen. Das gilt auch für Bad Homburg, vor allem, da in absehbarer Zeit weitere Kitas eröffnet werden. „Wir freuen uns sehr, mit TalentOrange einen weiteren Partner bei der Gewinnung pädagogischer Fachkräfte gefunden zu haben“, sagt Stadträtin Lucia Lewalter-Schoor.

 

Bei den neuen Kolleginnen handelt es sich um Carmen Medrano Mondragón aus Peru (Kita Hausmannspark), Allison Alarcón Rojas aus Peru (Kita Leimenkaut), Alejandra Santoyo Alemán aus Kolumbien (Krippe Oberste Gärten) und Katering Monsalve Mejia aus Kolumbien (Kita Ober-Erlenbach). Während die drei erstgenannten Erzieherinnen bereits seit November 2022 im Einsatz sind, tritt Katering Monsalve Mejia ihren Dienst Ende März an.

 

Bislang war TalentOrange vornehmlich in der Vermittlung von Pflegefachkräften tätig. Seit dem vergangenen Jahr rekrutiert das Unternehmen aber auch Erzieherinnen und Erzieher aus dem Ausland. Zum Erlernen der deutschen Sprache erhalten die Fachkräfte ein Vollzeit-Stipendium bis zum Goethe-Zertifikat B2. Das Unternehmen führt die Sprachkurse an eigenen Sprachschulen oder an Partnersprachschulen durch, zudem werden die Einreiseformalitäten erledigt, für Flug und Transfer gesorgt, die Wohnungssuche sowie die Suche nach einem passenden Arbeitgeber unterstützt und der Prozess der Berufsanerkennung begleitet. „Die Kandidaten zahlen hierfür nichts“, erklärt Tilman Frank, Geschäftsführer der TalentOrange GmbH.

 

Im Herbst vergangenen Jahres sind die ersten Fachkräfte aus Lateinamerika nach Deutschland gekommen. 2023 sollen weitere folgen. So werden für die zweite Jahreshälfte in Bad Homburg nochmal vier weitere Erzieherinnen aus Südamerika erwartet.

 

Stadt lobt Ausbildungsstand der neuen Kolleginnen

 

Eva Jethon, Fachbereichsleitung städtische Kindertagesstätten, ist von der Partnerschaft mit TalentOrange und vor allem von den neuen Erzieherinnen begeistert. „Schon vor der konkreten Zusammenarbeit hat ein sehr guter Austausch stattgefunden. Zunächst wurde uns das Projekt vorgestellt, später haben sich die potenziellen Kandidatinnen über Teams-Interviews und kurze Filmchen vorgestellt. Das hat das Kennenlernen erleichtert“, so Jethon, die vor allem von den guten Deutschkenntnissen der Frauen aus Südamerika überrascht war. Schnell habe sich gezeigt, dass die neuen Kolleginnen aus Südamerika wie schon die Fachkräfte aus Spanien sehr gut ausgebildet worden seien.

 

„Wir freuen uns, mit der Stadt Bad Homburg einen Kooperationspartner gefunden zu haben, der die Erzieherinnen aus Kolumbien und Peru sehr herzlich aufgenommen hat“, sagt Tilman Frank, Geschäftsführer der TalentOrange GmbH. „Die Zusammenarbeit macht uns viel Freude.“  Angesichts des Fachkräftemangels seien Arbeitgeber auf innovative Wege der Personalgewinnung angewiesen. „Mit unserer Expertise unterstützen wir Kita-Träger dabei gerne.“ 

 

Für die Kindertagesstätten ist die Einbindung von Fachkräften aus dem Ausland extrem bereichernd. „Die Erfahrungen und der kulturelle Background der Kolleginnen aus Südamerika ist nochmal ein anderer als bei den Kräften aus Spanien. Es ist ein toller Effekt, dass so der Einfluss anderer Kulturen in die Kitas getragen wird. Das macht unsere Einrichtungen bunt und divers“, sagt Jethon. Davon würden sowohl die Kolleginnen und Kollegen als auch die zu betreuenden Kinder profitieren.

 

Aber an erster Stelle stehe natürlich die Lösung der angespannten Personalsituation. In Deutschland fehlen laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung bis zum Jahr 2030 rund 230.000 Erzieherinnen und Erzieher. Nach Ansicht von Experten lässt sich der Fachkräftemangel weder durch Aufstockung der Ausbildungskapazitäten schließen, weil dafür Berufsschullehrkräfte fehlen, noch genügend Quereinsteiger gewinnen. Ab August 2026 besteht außerdem ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für alle Grundschulkinder, die dann in die erste Klasse kommen. Dieser Rechtsanspruch wird den Personalmangel nochmal verschärfen. Schon jetzt können längst nicht alle Kommunen den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz erfüllen.

 

In den städtischen Kindertagesstätten arbeiten aktuell rund 360 Fachkräfte. „Aufgrund einer permanenten Fluktuation sind immer noch einige freie Stellen zu besetzen, auch kurzfristig“, resümiert Jethon.

 

In Lateinamerika schließen derweil mehr junge Menschen ihr Bachelor-Studium ab, als es offene Stellen gibt. Berufsanfänger werden meist nur befristet oder für wenige Monate angestellt. Eine volle Stelle, von der man leben kann, gibt es für die meisten Absolventinnen und Absolventen nicht.

 

Die neuen Fachkräfte werden nach Tarif bezahlt

 

Ein weiterer Vorteil für die Erzieherinnen und Erzieher aus Südamerika ist die Bezahlung. In Deutschland verdient man im Durchschnitt etwa 3058 Euro brutto im Monat. Mit der Berufserfahrung steigt der Verdienst von anfangs 2600 Euro brutto auf später etwa 3600 Euro brutto im Monat. Erzieherinnen aus Nicht-EU-Staaten arbeiten zunächst als „Fachkraft im Anerkennungsjahr“, in dem sie sich einarbeiten und ihre Sprachkenntnisse weiter verbessern. Während dieser Zeit verdienen sie etwa 2600 Euro brutto im Monat. In Lateinamerika verdienen Erzieherinnen und Erzieher zwischen 400 und 500 Euro im Monat - obwohl die Lebenshaltungskosten ähnlich hoch sind wie in Deutschland. „Ein selbständiges und unabhängiges Leben ist damit nicht möglich. Deshalb haben Erzieherinnen in Lateinamerika meistens noch Zusatzjobs oder wohnen auch als Erwachsene noch lange bei ihrer Familie“, erläutert Tilman Frank weiter.

 

Auch Eva Jethon ist es wichtig zu betonen, dass die neuen Kolleginnen alle nach Tarif bezahlt werden: „Es handelt sich hier nicht um billige Arbeitskräfte.“

 

Grundsätzlich ist Stadträtin Lewalter-Schoor davon überzeugt, dass die neuen Kolleginnen eine Bereicherung für die jeweiligen Einrichtungen darstellen werden. Doch zuallererst hofft die Dezernentin, dass sich die Erzieherinnen „möglichst schnell in ihrer neuen Heimat einleben und sich bei uns wohlfühlen“.  

 

Darüber hinaus hat die Stadt auch die Zusammenarbeit mit dem Personaldienstleister Helmeca ausgebaut. Zwischenzeitlich haben acht spanische Erzieherinnen ihren Dienst in einer städtischen Kita angetreten, alle wurden mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag ausgestattet. Ein „Erfolgskonzept“, wie Stadträtin Lewalter-Schoor betont. Die neuen Kolleginnen sind in den Einrichtungen fest integriert, lediglich eien Kollegin ist aufgrund (positiver) persönlicher Entwicklungen nicht mehr in Bad Homburg, aber immer noch in Deutschland beschäftigt. „Die Kolleginnen aus Spanien sind ebenfalls sehr gut ausgebildet und sehr verlässlich“, ergänzt Eva Jethon. Die Zusammenarbeit mit Helmeca sieht vor, dass jedes Jahr zwei Erzieherinnen und Erzieher aus Spanien in die städtischen Strukturen integriert werden.