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Städtisches Kulturamt erhält 50.000 Euro-Spende für Hölderlin-Sammlung
Aktuelles – 23.02.2024

Städtisches Kulturamt erhält 50.000 Euro-Spende für Hölderlin-Sammlung

Dankes-Empfang und Buchvorstellung "Raue Rhythmen" in der Villa Wertheimber.
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#badhomburg

Bad Homburg. Die Beziehung zwischen dem ehemaligen Direktor der Baden-Württembergischen Landesbibliothek, Prof. Dr. Hans-Peter Geh, und Bad Homburg v. d. Höhe ist ein ganz besondere. Nicht nur, dass der hoch anerkannte Bibliotheksdirektor nach seinem Ruhestand Ende der 1990er Jahre in der Kurstadt gelebt und hier auch am 21. September 2023 verstorben ist. Nein, Geh war auch maßgeblich daran beteiligt, dass Mitte der 1970er Jahre die Stadt-eigenen Hölderlin-Handschriften als Dauerleihgabe an die Baden-Württembergische Landesbibliothek in Stuttgart übergeben wurden.

 

Wie sehr Prof. Dr. Geh das Thema Hölderlin am Herzen lag, zeigte sich nochmal nach seinem Ableben. Der im Alter von 89 Jahren Verstorbene hat ein Vermächtnis hinterlassen, von dem auch Bad Homburg in hohem Maße profitiert. Völlig überraschend erhielt das städtische Kulturamt im November vergangenen Jahres ein Schreiben des Amtsgericht Bad Homburg. In dem Schreiben wurde der Verwaltung eröffnet, dass Prof. Dr. Geh dem Kulturamt die stattliche Summe von 50.000 Euro vermacht hat – und der Verwendungszweck war eindeutig formuliert: „Verwendung und Ergänzung der Sammlung Hölderlin im Stadtarchiv“

 

Das war umso überraschender, da es in den vergangenen Jahren keinen Kontakt zwischen Prof. Dr. Geh und der Stadtverwaltung gegeben hatte. „Wir bedanken uns natürlich posthum beim ehemaligen Direktor der Landesbibliothek Württemberg für diese überaus großzügige Zuwendung, die es uns in Zeiten knapper öffentlicher Kassen erlauben wird, weiterhin das Andenken an den wichtigsten Dichter unserer Stadt zu bewahren“, so Oberbürgermeister Alexander Hetjes auf einem Dankes-Empfang der Stadt Bad Homburg in der Villa Wertheimber – der Heimat der städtischen Hölderlin-Forschung.

 

Zu dem Empfang hatte sich das Who-is-who deutscher Hölderlin-Kapazitäten eingefunden. Gekommen waren unter anderem der Geschäftsführer der Hölderlin Gesellschaft, der ehemalige Bürgermeister von Lauffen Klaus-Peter Waldenberger, der ehemalige Präsident der Hölderlin-Gesellschaft, Prof. Gerhard Kurz, Dr. Jörg Ennen, Leiter des Hölderlin Archivs in der Landesbibliothek, Mark Sattler, Sohn des ebenfalls kürzlich verstorbenen Hölderins-Forschers D.E. Sattler, dessen Bibliothek und Arbeitsstelle heut in der Villa Wertheimber als Dauerleihgabe vorhanden ist,  Prof. Roland Reuß, Kleist- und Hölderlinforscher an der Universität Heidelberg und natürlich der Literarturwissenschaftlers Prof. Dr. Achim Geisenhanslücke von der Goethe-Universität Frankfurt, der anlässlich des Treffens sein neues Hölderlin-Buch „Rauhe Rhythmen in Bad Homburg“ vorstellte. Das Buch bezieht sich auch auf Gedichte, deren Handschriften teilweise im Eigentum der Stadt sind.

 

Die Leiterin des Bad Homburger Kulturamtes, Dr. Bettina Gentzcke, erinnerte auf dem Treffen nochmal an die Übergabe der städtischen Hölderlin Handschriften an die Baden-Württembergische Landesbibliothek. Die Handschriften waren bereits 1974 übergeben worden, im Januar 1975 erfolgte dann eine symbolische Überreichung in Stuttgart. Dafür hatte sich eine hochkarätige Delegation aus der Kurstadt auf den Weg gemacht. Bürgermeister Dr. Armin Klein, der Stadtverordnetenvorsteher Harald Fechtner, Kulturdezernent Wolfgang Hof, die Leiterin des Stadtarchivs Dr. Hilde Miedel, die Stadträte Erika Bublitz und Felix Etting sowie der Leiter der Stadtbibliothek, Dr. Böning wurden in der Landesbibliothek vom damaligen Präsidenten der Deutschen Hölderlin-Gesellschaft Dr. Pfitzer, dem baden-württembergischen Kultusminister Prof. Dr. Wilhelm Hahn und Dr. Hans-Peter Geh in Empfang genommen. Wesentliche Gründe für die Übergabe der Handschriften an die Landesbibliothek in Stuttgart war die dortige sachgerechte und sichere Aufbewahrung sowie die notwendige Restaurierung der Handschriften. Die Homburger Delegation nutzte den Besuch in Stuttgart dazu, die „vorbildlichen Sicherungsvorrichtungen und klimatischen Bedingungen“ (so stand es seinerzeit im Taunus Kurier) unter die Lupe zu nehmen. Bürgermeister Klein sah trotz der Übergabe des Kulturguts die Stellung Bad Homburgs als „Hölderlin-Stadt“ nicht als gefährdet an. Eine Einschätzung, mit der das Stadtoberhaupt recht behalten sollte.

 

Das Hölderlin-Zentrum in der Villa Wertheimber ist in den vergangenen Jahren immer weiter ausgebaut worden und umfasst mittlerweile die Hölderlin-Wohnung, das Hölderlin-Kabinett sowie die eigene Hölderlin-Bibliothek und die bereits erwähnte Sattler-Bibliothek - und natürlich wird alle zwei Jahre der Hölderlin-Preis (inklusive Förderpreis) überreicht.

 

Kulturamtsleiterin Dr. Bettina Gentzcke war genauso angenehm überrascht über das Vermächtnis wie OB Hetjes. „Wir werden das Vermächtnis so anlegen wie es Prof. Dr. Geh gefreut hätte“, verspricht Dr. Gentzcke. Unter anderem seien Maßnahmen geplant, um das Werk des deutschen Dichterfürsten einer möglichst breiten Öffentlichkeit nahezubringen. Gentzcke: „Neben dieser Vermittlungsarbeit planen wir auch weitere hochkarätige Ausstellungen.“

   

Informationen zu Prof. Dr. Hans-Peter Greh

 

Prof. Dr. Hans-Peter Geh wurde. am 11. Februar 1934 in Frankfurt geboren. Nach einem Studium der Fächer Geschichte, Anglistik und Politische Wissenschaften an der Goethe Universität Frankfurt und einer Promotion zum Dr. phil, war er von 1965 bis 1969 in der Universitätsbibliothek Frankfurt tätig. 1970 wurde er mit nur 36 Jahren er zum Direktor der Württembergischen Landesbibliothek berufen, wo er bis zu seiner Verrentung im Jahr 1997 tätig war.

 

Unter Prof. Dr. Geh entwickelte sich das Haus in dem vielbeachteten Neubau zur größten wissenschaftlichen Bibliothek in Baden-Württemberg. Er sah die Landesbibliothek nicht nur als wichtige Infrastruktur für die Geistes- und Sozialwissenschaften, sondern als Ort der Bildung und Kultur an.

 

Prof. Dr. Geh stand für den Ausbau der Wissenschaftlichen Bibliotheken als notwendiger Grundlage für Öffnung der Universitäten und für die breite Zugänglichkeit wissenschaftlicher Informationen als wesentlichem Merkmal moderner Gesellschaften.

 

Hans-Peter Geh war außerdem in internationalen Bibliotheksverbänden aktiv. Zwischen 1985 und 1991 war er Präsident und anschließend Ehrenpräsident der International Federation of Library Associations and Institutions (IFLA).

 

Für seine Arbeit wurde er sowohl mit dem Verdienstkreuz am Bande sowie mit dem Verdienstkreuz erster Klasse ausgezeichnet. Zudem wurde Hans-Peter Geh für sein nationales und internationales Wirken für das Bibliothekswesen 2003 vom Land Baden- Württemberg die Ehrenprofessur verliehen

 

„Eine besondere Affinität verband Prof. Dr. Geh zeitlebens mit Friedrich Hölderlin“, sagt Kulturamtsleiterin Dr. Bettina Gentzcke. So führte er 1975 die Bad Homburger Hölderlin-Handschriften als Dauerleihgabe (Depositum) und die Stuttgarter Handschriften, also die beiden größten Hölderlin-Handschriftenbestände, zusammen.

 

Die Konzentration der Handschriften-Bestände führte zu einer wesentlichen Erleichterung in der Hölderlin-Forschung. Geh baute damit ein Hölderlin-Archiv auf, das zu einer wichtigen Infrastruktureinrichtung der Germanistik wurde, ergänzt durch das thematisch eng verbundene Stefan-George-Archiv.

 

Nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst in der Landesbibliothek Württemberg hat der gebürtige Hesse dann seinen Ruhestand mit seiner Ehefrau in Bad Homburg verbracht, wo auch Verwandte seiner Ehefrau lebten.

 

Informationen zum Buch „Raue Rhythmen - Friedrich Hölderlins Nachtgesänge“

 

Autor:

Professor Dr. Achim Geisenhanslüke

Lehrstuhl für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaften an der Goethe-Universität Frankfurt

 Inhalt:

„Raue Rhythmen stellt Hölderlins Nachtgesänge, die letzten der von ihm zu Lebzeiten veröffentlichen Texte, zum ersten Mal als einen zusammenhängenden Zyklus dar. Der Begriff des Rhythmus erlaubt es, Hölderlins geschichtliche Signatur auf dem Weg der Moderne nachzuzeichnen und die Sonderstellung seiner Dichtung im Vergleich zu Schiller und Goethe herauszustellen. Die Studie richtet sich an Literaturwissenschaftler, Philosophen, Historiker sowie alle Hölderlinleser.“